Verfahren für Verhandlungen mit multinationalen Unternehmen

{Angenommen vom EGÖD-Exekutivausschuss am 9. - 10. November 2009}

Der EGÖD stellt das nachstehende Verfahren nur für jene Fälle auf, in denen der EGÖD beteiligt ist und wo auf Seiten sowohl der Gewerkschaften als auch der Arbeitgeber eindeutige Bestrebungen und der Wunsch bestehen, zu einer Einigung zu gelangen. Das gilt nicht für die auf EGÖD-Ebene bereits bestehenden Informations- und Anhörungsprozesse. Dieses Verfahren gibt Strukturen und Vorgehensweisen verbindlich vor und will keineswegs darlegen, welche Themen und Inhalte diese Vereinbarungen haben sollen. Wenn ein Unternehmen seine Absicht bekannt gibt, Verhandlungen zu führen, oder wenn der EBR oder die beteiligten Gewerkschaften diesen Wunsch äußern, dann sollte folgende Vorgehensweise beachtet werden:

Vorabverfahren der Unterrichtung und Anhörung:

1. Eine vollständige Unterrichtungs- und Anhörungsrunde sollte mit den für das Unternehmen zuständigen Gewerkschaften, dem EGÖD-Sekretariat, dem engeren EBR-Ausschuss und dem EBR durchgeführt werden. Die betroffenen Gewerkschaften sollten sich auf den Beginn der Verhandlungen einigen. Der Beschluss sollte möglichst einstimmig getroffen werden oder falls keine Einstimmigkeit erzielt werden kann zumindest eine Zweidrittelmehrheit in allen beteiligten Ländern erreichen. Ein Beschluss zur Aufnahme von Verhandlungen kann jedoch nicht durch ein Land blockiert werden, das 5% oder weniger der gesamten europäischen Belegschaft repräsentiert. Die Entscheidung erfolgt auf der Grundlage der jeweils gängigen nationalen Praktiken und Traditionen (der EGÖD bittet jedoch die Mitgliedsorganisationen, über die in ihrem jeweiligen Land praktizierten Verfahren Auskunft zu geben und den EGÖD über die einzelnen Methoden zu informieren).

2. Das Mandat für diese Verhandlungen ist von Fall zu Fall zu beschließen. Das Mandat wird von den betroffenen Gewerkschaften vergeben und sollte möglichst einstimmig beschlossen werden. Falls keine Einstimmigkeit erreicht werden kann (im Rahmen der jeweils gängigen nationalen Praktiken), so sollte der Beschluss zumindest eine Zweidrittelmehrheit in allen beteiligten Ländern erreichen. Ein Beschluss zur Aufnahme von Verhandlungen kann jedoch nicht durch ein Land blockiert werden, das 5% oder weniger der gesamten europäischen Belegschaft repräsentiert. Das Mandat sollte folgende Elemente beinhalten:

a. Die benannten Themen, Sichtweisen, Strategien, d. h. das Positionspapier des Mandats.
b. Angaben zum Ablauf der Verhandlungen und zur Zusammensetzung der kompletten Verhandlungs-/Beobachtungsgruppe
c. Nicht-Rückschrittsklausel

Die Gewerkschaften müssen der Zusammensetzung des Verhandlungsteams zustimmen, das im Namen der kompletten Verhandlungsgruppe mit der Unternehmensleitung verhandeln wird. In diesem Verhandlungsteam müssen zumindest ein Vertreter des EGÖD und VertreterInnen der betroffenen Gewerkschaften vertreten sein, wobei einer von ihnen zum Verhandlungsführer gewählt wird. Im Verhandlungsteam können auch Gewerkschaftsmitglieder aus dem EBR und/oder Mitglieder des EBR-Lenkungsausschusses vertreten sein. Das Positionspapier des Mandats wird von dem/r GewerkschaftskoordinatorIn für das Unternehmen erarbeitet und den betroffenen Gewerkschaften zur Kommentierung und Änderung übermittelt, bevor eine Vorlage zu Genehmigung erfolgt.

Ziel der Verhandlungen soll eine unterzeichnete Vereinbarung sein.

Dieses Mandat wird dem EGÖD-Sekretariat übermittelt, um sicherzustellen, dass es mit der bestehenden EGÖD-Politik im Einklang steht.

Falls weitere europäische Gewerkschaftsverbände beteiligt sind, ist das Ziel ein gemeinsames Mandatspapier. Entscheidungen über das Mandatspapier und das endgültige Ergebnis der Verhandlungen bleiben Sache der betroffenen EGÖD-Gewerkschaften.

3. Das EGÖD-Sekretariat hält den Exekutivausschuss, den zuständigen ständigen Ausschuss, das EGÖD-Netzwerk der EBR-KoordinatorInnen und die betroffenen Gewerkschaften über die Verhandlungen während des Verfahrens und über den Verhandlungsprozess umfassend auf dem Laufenden.

4. Das Verhandlungsteam legt der gesamten Verhandlungsgruppe den Vereinbarungsentwurf zur Evaluierung vor. Dieser Vereinbarungsentwurf wird von den betroffenen Gewerkschaften genehmigt. Dies sollte möglichst einstimmig erfolgen. Falls keine Einstimmigkeit erreicht werden kann, so sollte der Beschluss zumindest eine Zweidrittelmehrheit in allen beteiligten Ländern erreichen. Auch hier sollte der Entscheidungsprozess den gängigen nationalen Praktiken und Traditionen folgen.

Keine Gewerkschaft sollte eine transnationale Vereinbarung unterzeichnen, wenn der Verband (d. h. die betroffenen Mitgliedsgewerkschaften im Rahmen des oben beschriebenen Entscheidungsprozesses) entschieden hat, nicht zu unterzeichnen. Die Entscheidungen des Verbandes sind somit bindend. Bei Zuwiderhandlung wird der Exekutivausschuss darüber unterrichtet und entscheidet über die weitere Vorgehensweise.

5. Der EGÖD wird die Vereinbarung in Person des/r Generalsekretärs/in oder des/r stellvertretenden Generalsekretärs/in oder einer anderen von ihnen beauftragten Person im Namen der im Unternehmen zum Zeitpunkt der Unterschrift vertretenen Gewerkschaften unterzeichnen. Im Falle von Übernahmen, Zusammenschlüssen usw. entscheiden die Gewerkschaften, die die Vereinbarung unterzeichnet haben, ob diese auch für die Gewerkschaften gelten soll, die ArbeitnehmerInnen dieser „neuen“ Unternehmen vertreten.

6. Alle beteiligten Gewerkschaften setzen die getroffene Vereinbarung entsprechend ihren nationalen Gepflogenheiten in die Praxis um. Bei der Umsetzung sind der Rechtsrahmen und das System der Kollektivvereinbarungen in den betroffenen Ländern zu beachten.

7. Der Exekutivausschuss und andere betroffene Ausschüsse werden umfassend über alle unterzeichneten Vereinbarungen informiert.

8. Die Entscheidungsprozeduren werden unter Berücksichtigung der gesammelten Erfahrungen vom ständigen EGÖD-Ausschuss für öffentliche Versorgungsbetriebe nach einer festzulegenden Zeit oder spätestens nach Abschluss/Umsetzung von vier transnationalen Vereinbarungen überprüft, je nachdem, welcher Zeitpunkt der frühere ist.

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Der EGÖD ist der Europäische Gewerkschaftsverband für den öffentlichen Dienst und das größte Mitglied des EGB. Er vertritt 8 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst in mehr als 250 Gewerkschaften. Wir organisieren ArbeitnehmerInnen in der Energie- und Wasserversorgung, in der Abfallwirtschaft, im Gesundheits- und Sozialwesen, in den Kommunalverwaltungen und in der staatlichen Verwaltung in allen europäischen Ländern einschließlich der östlichen Nachbarländer der EU. Der EGÖD ist die anerkannte Regionalorganisation der Internationale der Öffentlichen Dienste (IÖD). Weitere Informationen über den EGÖD und seine Arbeit unter: [http://www.epsu.org->http://www.epsu.org]

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